Neuland betrat SCHWENK am 28.01.2021 mit der ersten Veranstaltung im digitalen Format. In einem zweistündigen Livestream stellten Mitglieder der Gesellschafterfamilie und Mitglieder der Geschäftsleitung in komprimierter Form aktuelle Informationen und Entwicklungen rund um Zement, Beton und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Bauwirtschaft dar. In dieser, für die gesamte Gesellschaft herausfordernden Zeit, war es SCHWENK wichtig, das jährliche Betonseminar als Auftakt in die Bausaison nicht ersatzlos abzusagen, sondern die Interessierten in einer der Situation angepassten Form live zu informieren. Die aus dem Multimediastudio der Maurer Veranstaltungstechnik in Blaustein-Dietingen gesendeten Beiträge wurden von Dipl.-Ing. Werner Rothenbacher, Leiter der Bauberatung, in bekannter und bewährter Weise moderiert. Über eine Chatfunktion konnten die knapp 600 Teilnehmer*innen virtuell Fragen stellen, die direkt nach dem Vortrag oder im Nachgang schriftlich beantwortet wurden.
Die beiden Brüder und Mitglieder der Gesellschafterfamilie, M.Sc. Erik Schleicher und M.Sc. Patrik Schleicher, nutzten die Veranstaltung, um sich den Teilnehmer*innen unter dem Motto „Die 6. Generation im Hause SCHWENK“ vorzustellen. In einem unterhaltsamen Interview stellten sie den jeweiligen beruflichen Werdegang, Freizeitaktivitäten, die derzeitigen Tätigkeitsbereiche im Unternehmen sowie die Herausforderungen und Ziele in einem familiengeführten Unternehmen mit einer über 170-jährigen Firmengeschichte dar.
Erik Schleicher ist nach einem generalistischen BWL-Studium und einer anschließenden Tätigkeit in der Finanzwirtschaft seit Mai 2019 in verschiedenen Unternehmensbereichen der SCHWENK Baustoffgruppe tätig. Ziel ist es, das Unternehmen sowie die Abläufe von innen heraus kennenzulernen.
Nach einem technischen Studium der Werkstofftechnik und Materialwissenschaften (Vertiefung Rohstoffgewinnung) ist Patrik Schleicher derzeit als Projektleiter im Bereich neue Technologien tätig. Er verantwortet konkret das Thema „CO2-Minderung bzw. CCU in der Zementherstellung“. Siehe hierzu auch Ausführungen zu „Catch4Climate“ im Vortrag von Herrn Dr. Möller.
Beide stellten dar, dass sie SCHWENK als ein sehr gut aufgestelltes, innovatives und zukunftsfähiges Unternehmen mit motivierten Mitarbeiter*innen erleben. Gemeinsam verfolgen sie die gleichen Ziele: Nahe an den Prozessen sein und die familiären Werte stärken. Basis für den Unternehmenserfolg waren und sind die Kunden. Gemeinsam mit ihnen möchten sie das Unternehmen weiterentwickeln und die Geschicke in die Hände der 7. Generation geben.
Den Versuch einer zutreffenden Einschätzung der aktuellen Konjunkturlage, auf Grundlage wirtschaftlicher Daten, unternahm Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Bastian Elterlein, Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortlich für Vertrieb und Logistik, unter der Überschrift „Glaskugel Bauwirtschaft 2021 – wo geht die Reise hin?“. Die Zahlen der Bauwirtschaft waren im abgelaufenen Jahr positiv und lassen auf eine weiter stabile Entwicklung im laufenden Jahr hoffen. Einziger Wermutstropfen sind die Rückgänge im Wirtschaftsbau. Dank der guten Umsätze und Beschäftigung der Baubranche konnte der Abschwung der Gesamtwirtschaft beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) gebremst und eine V-förmige Erholung eingeleitet werden.
Die Zementindustrie geht nach den Zahlen des VDZ für 2021 von einem leichten Rückgang der Versandmenge von 5 % für das laufende Jahr aus. Weiter stellte Elterlein in seinem Vortrag „Die Autobahn GmbH“ vor, die zum 01.01.2021 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Die Gesellschaft, eine 100 %-Tochter des Bundes, ist für die Verwaltung, Finanzierung und Planung sowie den Bau und Betrieb von rund 13.000 km Straße und 18.000 Brücken mit ca. 15.000 Mitarbeiter*innen zuständig.
Zusammenfassend sieht Elterlein die wirtschaftliche Entwicklung für die Zement- und Baustoffindustrie aufgrund der Daten insgesamt positiv.
Die großen Herausforderungen auf dem „Weg zur Dekarbonisierung von Zement und Beton“ waren im vorletzten Beitrag das Thema von Dr. rer. nat. Hendrik Möller, Mitglied der Geschäftsleitung. Die gesamte Industrie weltweit steht unter einem großen Zeit- und Handlungsdruck, um das 2-Grad-Ziel von Paris zu erreichen. Dies macht auch in der Zementindustrie ein schnelles und entschlossenes Handeln notwendig. Bis 2050 müssen 450 Mio. t CO2 auf dem Weg zur Klimaneutralität in Deutschland vermieden werden. Herr Dr. Möller macht dies an einem Beispiel anschaulich. Demnach müssten von derzeit 53 Zementwerken in Deutschland jährlich zwei Werke zu 100 % auf eine CO2-freie Produktion umgestellt werden.
Die Roadmap des VDZ „Dekarbonisierung von Zement und Beton“ zeigt mit dem so genannten „5C-Ansatz“ die Minderungspfade und Handlungsstrategien auf. Die 5-C-Strategie umfasst die fünf, in Englisch titulierten Handlungsfelder: Clinker, Cement, Concrete, Construction, Carbonisation. Wirksame Ansatzpunkte sind beispielsweise alternative Klinkertypen, Erhöhung der thermischen und elektrischen Effizienz, Erhöhung der Ersatzbrennstoffrate bzw. des biogenen Brennstoffanteils und schließlich das Abscheiden, Speichern oder Nutzen des freigesetzten Kohlendioxids.
Einen großen Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität besitzen Massenzemente mit nochmals abgesenktem Klinkerfaktor, neuartige Bindemittel sowie noch effizientere Mahltechnologien. Die Digitalisierung, neue Fertigungsverfahren (z.B. 3D-Druck, Carbonbeton) und optimierte Betonrezepturen liefern ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Die Rekarbonatisierung von Beton über die Nutzungsdauer liefert zusätzlich einen signifikanten Beitrag zur Senkung der Treibhauswirkung.
Im klimaneutralen Szenario des VDZ sind die bisher noch nicht erprobten CO2-Abscheidungsverfahren CCS und CCU für mehr als die Hälfte der Reduktion verantwortlich. Durch den sukzessiven Wechsel zu klinkereffizienteren Zementsorten sollen 3,8 Mio. t bis 2050 vermieden werden. Hierbei wird der Einsatz der bekannten Zumahlstoffe Flugasche und Hüttensand mittelfristig, bei steigenden Preisen, als Übergangslösung weiter eine Rolle spielen. Die technologisch geschickte Erhöhung des Kalksteingehalts, der Einsatz von natürlichen Puzzolanen oder Reststoffen aus der Kreislaufwirtschaft und die Feinstmahlung können wichtige Bausteine sein.
Klinkereffiziente Bindemittel wie CEM II/C-M oder CEM VI-Zemente sind expositionsgenau zu verwenden, d.h. hinsichtlich der Anwendung (Innen- oder Außenbauteilbetone) zu unterscheiden. Nach dem klimaneutralen VDZ-Szenario wäre 2050 der Anteil an Portlandzement 11,5 %, CEM VI-Zement würde mit rund einem Drittel den größten Anteil aller hergestellten Zemente darstellen. „Was bereits Anfang 2000 mit der Einführung der CEM II/A- und CEM II/B-Zementen erfolgreich gelungen ist, steht uns nun mit Bindemitteln der nächsten Generation nochmals bevor“, so Möller.
Großes Potenzial sieht Möller in nicht klinkerbasierten Bindemitteln. Bei der SCHWENK-Tochter Celitement, die in diesem hochinnovativen Bereich der Forschung und Produktion von Calciumhydrosilikaten tätig ist, hat sich in den letzten Jahren einiges getan. In einem Hallenneubau entsteht derzeit eine Anlagenerweiterung zur Erhöhung der Produktionskapazität auf dann 5 t/Woche. Grund genug, den Interessierten ein Update über das spannende Projekt zu geben und die bestehende Sichtweise zu Leistungsfähigkeit, Klinkerfaktor und CSH-Bildungsfaktor anhand von Berechnungsbeispielen kritisch zu hinterfragen.
Abschließend berichtet er über das Joint-Venture „Catch4Climate“ zur Erprobung des „Oxyfuel-Verfahrens (CCU)“ und der Produktion von synthetischem Kerosin für den Flughafen Stuttgart mit weiteren Partnern. Möller schließt mit der Feststellung, dass Infrastruktur, Investitionskosten und Zeitdruck die großen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität sind. Diese können gemeinsam gemeistert werden, wenn alle Partner entlang der Wertschöpfungskette den Weg der Dekarbonisierung und Klimaneutralität mitgehen.
Der Leiter der Bauberatung, Dipl.-Ing. Werner Rothenbacher, rundete mit seinem Beitrag „Aktuelles aus Regelwerk und Technik – neue Betonnormen BBQ“ die Veranstaltung ab. Er ging auf die Ziele und Hintergründe der seit 01.01.2021 vorzunehmende „UFI-Codierung“ von Zement und Beton auf Sicherheitsdatenblätter, Säcken und Lieferscheinen ein. Die Zemente sind je nach Zusammensetzung individuell mit einem 16-stelligen Code zu versehen, bei Beton kommt man – je nach Festigkeitsklasse – mit nur zwei Codes aus. Die Details sind auf der SCHWENK-Homepage unter „Aktuelles“ zu finden.
Zu den bereits berichteten Anforderungen an Tankstellenbetone nach TRwS 781 gibt es zwischenzeitlich einen neuen Sachstand. Die befürchtete Fugenumläufigkeit von mit FD-Beton hergestellten Betonplatten konnte in einem nun abgeschlossenen Forschungsprojekt nicht nachgewiesen werden. Die Forderung von FDE-Beton in Ausschreibungen ist daher technisch nicht zu begründen. Das Regelwerk soll nun entsprechend geändert werden.
Die stetig wachsende Komplexität von Bauaufgaben, die Definition von Schnittstellen und die nicht ausreichende Kommunikation der am Bau Beteiligten machten eine Änderung im Regelwerk notwendig. Rothenbacher zeigte, wie die verschiedenen europäischen und nationalen Regelwerke bzw. Richtlinien im Konzept der Betonbauqualitätsklassen (BBQ) in der neu geschaffenen DIN 1045-0 umgesetzt wird. Demnach gibt es drei BBQ-Klassen mit normalen, erhöhten und speziell festzulegenden Anforderungen an Kommunikation, Planung, Bauausführung und Baustoffe. Beispiele machten die prinzipielle Vorgehensweise zur konkreten Einstufung deutlich. Die positive Nachricht ist, dass bei rund zwei Drittel der Bauwerke keine Änderungen gegenüber der bisherigen Vorgehensweise zu erwarten sind. Um Fehler zu vermeiden, steht die Kommunikation in Form von Ausschreibungs-, Ausführungs-, Start- und Bauverlaufsgesprächen klar im Fokus.
Laut Planung soll der Gelbdruck der DIN 1045 (Teile 0 bis 4) als Grundlage zur Diskussion und Beteiligung der interessierten Kreise noch in dieser Jahreshälfte erfolgen. Die Veröffentlichung und Umsetzung erfolgt dann in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) im Nachgang. Die Zeit bis dahin werden Unternehmen, Verbände und die SCHWENK Bauberatung dazu nutzen, Schulungen zu veranstalten und Broschüren zu aktualisieren.
Rothenbacher bedankte sich für das Interesse der virtuellen Teilnehmer*innen und bei allen an der Kunden-Informationsveranstaltung Beteiligten für die erfolgreiche Premiere in diesem Format. Er äußerte die Hoffnung, dass das SCHWENK Betonseminar 2022 wieder in gewohnter Weise als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden kann. Das Seminar lebt von der direkten Begegnung und dem persönlichen Austausch. In diesem Punkt waren sich alle Vortragenden einig.
Wir freuen uns auf ein Wiedersehen im Jahr 2022!