Ende Januar waren über 900 Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Einladung zu den Betonseminaren der SCHWENK Zement KG an den drei Standorten Heidenheim, Leipzig und Schweinfurt gefolgt. Die von der SCHWENK Bauberatung organisierten Veranstaltungen sind fester Bestandteil im Terminkalender von Kunden, Betonherstellern, Bauunternehmer, Behördenvertreter, Architektur- und Ingenieurbüros sowie Vertreter der Hochschulen. Sie nahmen den Branchentreff zum Anlass, sich über die aktuellen Themen rund um die Baustoffe Zement und Beton zu informieren.
Die aktuellen Beiträge aus dem Bereich Betontechnologie, Entwicklungen und Projekte wurden von ausgesuchten Referenten dargestellt. Nicht zuletzt dient die Veranstaltung als übergreifende Plattform zum technischen Erfahrungsaustausch und zur Diskussion der dargestellten Themen.
In diesem Jahr zogen sich die Themen Ressourcenverfügbarkeit, Nachhaltigkeit sowie CO2-Minderung wie ein roter Faden durch das Seminarprogramm. Der Klimaschutz stellt die Zement- und Betonindustrie vor große Herausforderungen. Den Weg zur Erreichung der Ziele legte SCHWENK auf den Seminaren mit Daten und Fakten offen und transparent dar. Der Leiter der SCHWENK Bauberatung, Werner Rothenbacher, führte durch das Seminarprogramm und moderierte die Diskussionen.
Die Begrüßung sowie den ersten Vortrag übernahm Dr. rer. nat. Hendrik Möller, Mitglied der Geschäftsleitung der SCHWENK Zement KG. Nach einem allgemeinen Überblick über die Konjunktur der Branche wurden Entwicklungen im letzten Jahr in Deutschland und bei SCHWENK dargestellt. Er stellte fest, dass auch nach Ansicht der führenden Wirtschaftsinstitute 2019 ein außerordentlich gutes Baujahr in Deutschland war. Die Bauinvestitionen sollen langfristig gesehen 2020 und 2021 auf hohem Niveau verbleiben. Bremsend wirkt sich der Personalmangel bei den planenden Behörden, Bauingenieuren und Fachkräften aus. Ein weiteres Hemmnis ist die regional unterschiedlich schwierige Verfügbarkeit von Gesteinskörnungen, während die Zementindustrie sich zunehmend mit einer kritischen Darstellung in den Medien konfrontiert sieht.
Anschließend zeigte er, was sich bei SCHWENK im letzten Jahr so alles getan hat. Hierbei sind die Erneuerungen und Investitionen in den vier deutschen Zementwerken zu nennen bzw. die laufende Integration der zugekauften Aktivitäten im Baltikum und in Nordeuropa. Damit verbunden sind große technische, personelle und nicht zuletzt logistische Herausforderungen. Bei Ohorongo Cement in Namibia hat sich das dortige Umfeld negativ entwickelt, das Werk soll daher verkauft werden. China sichert sich in Afrika vehement Rohstoffe und Märkte. Für ein Unternehmen wie SCHWENK, das die Aufforderung der Politik in Afrika zu investieren ernst genommen hat, ist das sehr ernüchternd, so Möller.
Bild 1: Herr Dr. rer. nat. Hendrik Möller
Im Vortrag „Möglichkeiten und Grenzen CO2-armer Zementproduktion“ zeigte Möller im Detail, wo die Zementindustrie in Europa, Deutschland und bei SCHWENK mit seinem Produktportfolio steht. Die gesamte Industrie steht vor einem dramatischen Umbruch: Die äquivalenten CO2-Emissionen müssen in den nächsten 20 Jahren gemäß der politischen Vorgaben und Verpflichtungen halbiert werden! Gemäß der EU-Verordnung von Mai 2018 müssen die Zementhersteller in Deutschland bis 2030 die CO2-Ausstoßmenge um 38% gegenüber dem Basisjahr 2005 reduzieren, sonst drohen Strafzahlungen.
Anhand von Vergleichsberechnungen zeigte er, dass der Zementpreis sehr empfindlich auf steigende CO2-Preise an der Börse reagiert und Zement umweltpolitisch von einigen als viel zu preiswert angesehen wird. Es ist in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, dass bei der Klinkerherstellung rd. 2/3 des Treibhausgases, durch die Entsäuerung des Kalksteins, rohstoffbedingt ist und lediglich 1/3 aus den eingesetzten Brennstoffen resultiert.
Durch die erfolgreiche Einführung der Portlandkompositzemente im Jahr 2006 und der Steigerung der Ersatzbrennstoffraten auf über 90 % konnten erste wichtige Zwischenziele erreicht werden. Auf dem Weg hin zur Klimaneutralität ist es wichtig, zwischen Kompensation und Reduktion zu unterscheiden. SCHWENK geht bewusst nicht den Weg der Kompensation durch z.B. CER-Zertifikate, sondern versucht in Kooperation mit weiteren Partnern die „Oxyfuel-Technologie“ erstmals großtechnisch in einem Pilotprojekt umzusetzen.
Für SCHWENK lassen sich die folgenden drei Handlungsfelder definieren:
Bezogen auf das Jahr 2018 wird durch die Umsetzung der Ziele 1 und 2 eine jährliche Nettoreduzierung um ca. 420.000 Tonnen CO2 bis 2025 angestrebt. Als Fazit fasst Möller zusammen: Große Aufgaben liegen vor uns. Gemeinsam mit unseren Kunden wollen wir den Prozess für ein klimaverträgliches Bauen mit Beton aktiv umsetzen.
Das Thema „Ressourcenverfügbarkeit – Herausforderungen für das Bauen mit Beton“ mit allen Facetten stand im nachfolgenden Vortrag im Fokus. Die Bauberater Dipl.-Ing. Heiko Zimmermann in Heidenheim, Dipl.-Ing. Wolfgang Hemrich in Schweinfurt und Dipl.-Ing. Sven Mellwitz in Leipzig berichteten über Versorgungsprobleme und Engpässe in der Praxis. Sie richteten den Blick auf die zukünftige Entwicklung der Stoffströme, den sich abzeichnenden Mangel an Fachpersonal sowie die logistischen Herausforderungen. Es wurde deutlich, dass die dringend benötigten Zumahlstoffe für klinkereffiziente Zemente, also Steinkohlenflugasche und Hüttensand, von politischen Entscheidungen (Kohleausstieg) und Produktionsverfahren abhängig sind. Im Transportbeton wird aufgrund der schwindenden Mengen die Steinkohlenflugasche nur noch dort eingesetzt werden können, wo diese technisch erforderlich ist. Hier sind massige Bauteile, Bohrpfähle oder Bauteile mit hohem Widerstand gegen Sulfatangriff zu nennen.
Die neue Zementnorm EN 197-1 wird zukünftig die Herstellung weiterer Sorten ermöglichen. Hier sind neben den bereits etablierten CEM II/B-M-Zementen (mit ≤ 20 M.-% Kalksteinmehl) die neuen CEM II/C-M-Zemente (mit ≥ 50 M.-% Portlandzementklinker) zu nennen. Mit SCHWENK CEM II/B-M (V-LL) 32,5 R-AZ aus dem Werk Allmendingen und CEM II/B-M (S-LL) 42,5 R-AZ aus dem Werk Bernburg liegen nunmehr 16 Jahre positive Erfahrungen über allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen vor, die Praxiseignung ist somit hinlänglich erbracht. Die Verwendung von natürlichen oder getemperten Puzzolanen wird in der Entwicklung neuer Bindemittel voraussichtlich eine zunehmend wichtigere Rolle spielen.
Bei den Gesteinskörnungen zeichnet sich ebenfalls keine Entspannung ab. Das Baustoffrecycling trägt zwar mit etwa 10% zur Schonung natürlicher Ressourcen, wie Sand, Kies und Naturstein bei, eine weitere signifikante Erhöhung ist jedoch nicht in Sicht. Aus diesem Grund sollten nach Ansicht der Vortragenden Genehmigungsverfahren für die abbauende Industrie beschleunigt und die ausgewiesenen Abbauflächen vergrößert werden.
Die Referenten zeigten außerdem, dass durch den Einsatz von alternativer Bewehrung, Hochleistungsbeton oder einer intelligenten Konstruktion in Kombination mit neuen Bindemitteln, Ressourcen bzw. CO2-Emissionen eingespart werden können. Hierzu müssen entlang der Wertschöpfungskette Bau alle mitarbeiten und zudem passende betontechnologische Lösungen gefunden werden. Durch die weitere Differenzierung der Einsatzgebiete von Gesteinskörnungen und Zementen werden mittelfristig in den Betonherstellwerken weitere Lagerkapazitäten erforderlich.
Dipl.-Ing. Werner Rothenbacher zeigte in einem anschaulichen Vortrag an ausgeführten Bauprojekten die Entwicklung eines neuartigen monolithischen Leichtbetons. Der Infraleichtbeton (ILC) genannte komplett mineralische Baustoff zeichnet sich durch eine gleichzeitige Trag- und hohe Dämmwirkung, Brandschutz sowie guter Recyclingfähigkeit aus. Die Trockenrohdichte liegt bei rd. 650 kg/m3 und ist als Wandbaustoff im direkten Wettbewerb zu Ziegelwänden oder Holzfertigbauweisen zu sehen. Die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) können mit einer Wandstärke von rd. 50 cm ohne weitere Dämmmaßnahmen erreicht werden. Bei einem Vergleich der Wärmeleitfähigkeitswerte von verschiedenen Baustoffen muss darauf geachtet werden, dass zwischen dem Lambda-Messwert aus dem Labor und dem Bemessungswert für den rechnerischen Nachweis zu unterscheiden ist.
Bei der Ausführung von ILC ist Rohbau gleich Ausbau. Unter anderem diese Eigenschaft und die sehr „lebendigen Oberflächen“ machen den Baustoff für Architekten interessant. Allerdings können die Kriterien nach dem DBV-VDZ-Sichtbetonmerkblatt nicht angewendet werden. Er zeigte die Entwicklungsschritte des Baustoffes über mehrere Projekte mit unterschiedlichen Leichtzuschlägen und stellte die technischen Herausforderungen bei der Ausführung dar. Hier sind beispielsweise die richtige Mischreihenfolge und eine dichte Schalung zu nennen. Glatte Schalungen haben sich demnach bezüglich der Oberflächenqualität in der Praxis besser geeignet gezeigt als eine raue Brettschalung. Als Verdichtungsart hat sich auf der Baustelle leichtes Stochern bewährt.
Aufgrund der leichten, porösen Matrix und der damit verbundenen höheren Carbonatisierungsrate sollte die konstruktive Bewehrung verzinkt oder aus Edelstahl sein. In jedem Fall ist zum Schutz der Sichtflächen eine Hydrophobierung erforderlich.
Infraleichtbeton ist eine sehr nachhaltige, monolithische Bauweise mit Zukunft für ausgewählte Bauwerke, so fasste Rothenbacher seinen Vortrag zusammen.
Anschließend stellten die Bauberater des Informationszentrums Beton, Dr. Thomas Richter (Veranstaltungsorte Heidenheim und Leipzig) und Dr. Diethelm Bosold in Schweinfurt, in ihren Vorträgen mit dem Titel „Bemessung trifft auf Betontechnologie – Schnittstelle zwischen Tragwerksplanung und Betonzusammensetzung“ den für einen reibungslosen Bauablauf wichtigen Abstimmungsprozess zwischen Tragwerksplanung, Bauunternehmen und Betonhersteller dar. Als ein Hindernis zeigen sich dabei die unterschiedlichen Vertragsverhältnisse der einzelnen Akteure. Durch eine frühzeitige Kommunikation können betontechnologische Lösungen gefunden werden, die Risse aus Zugspannungen infolge von frühem oder spätem Zwang minimieren. Hierbei spielen die Frischbeton- und Umgebungstemperaturen eine maßgebliche Rolle.
Nicht selten werden Anforderungen an eine langsame Festigkeitsentwicklung (r ≤ 0,3) gestellt, die mit den heute am Markt (nicht immer) verfügbaren Bindemitteln kaum machbar sind. Große Hoffnungen setzen die Referenten in das geplante Konzept Beton-Bau-Qualität (BBQ), da in diesem Regelwerk die Schnittstellenkommunikation zentraler Bestandteil ist.
Beim anschließenden Mittagessen hatten alle Beteiligten genügend Zeit, sich zu stärken und die Fachvorträge untereinander oder mit den Referenten zu diskutieren.
Traditionell gehört der Nachmittag bei den Betonseminaren den Rednern, die interessante Themen außerhalb der Baustoffe Zement und Beton darstellen.
In Heidenheim unterhielt der ehemalige Schiedsrichter, jetzige Fußballexperte und Unternehmer Urs Meier aus der Schweiz zum Thema „Zwischen den Fronten – Entscheidungen unter Druck“ mit seinen Anekdoten und Fachwissen. In 27 Jahren hat er über 880 Spiele geleitet und sich die Hochachtung von Spielern und Fans erarbeitet. Er zeigte mit Beispielen aus seinem Schiedsrichterleben, wie er Entscheidungen in Bruchteilen von Sekunden getroffen hat. Dabei setzt er auf seine Erfahrung und das Bauchgefühl. Seine Empfehlung an die Zuhörer: Der respektvolle Umgang untereinander ist Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmen.
Der Statistikexperte Prof. Dr. Walter Krämer von der TU Dortmund zeigte in seinem Vortrag in Leipzig in unterhaltsamer Weise, warum „Deutschland – Eine Republik der Panikmacher“ ist und wir uns eigentlich vor den falschen Dingen fürchten. So entsteht oft erheblicher wirtschaftlicher Schaden, weil der Mensch mit Risiken zumeist irrational umgeht und zur Risikoverzerrung neigt. Krämer ist überzeugt, dass ohne die Medien der Durchschnittsbürger gesünder wäre. Grundsätzlich sollte jeder bei der Auswertung von Statistiken immer den zugehörigen Datenhintergrund hinterfragen, um keinen Trugschlüssen zu unterliegen.
Der Abenteurer, Bergführer, Fotograf und Bauchautor Thomas Ulrich aus der Schweiz faszinierte mit „Horizont Nord – Jeder Mensch hat seinen eigenen Nordpol“ mit tollen Naturbildern und dem Leitbild, dass man in den Bergen ein wichtiges Ziel nur „auf die harte Tour“ erreichen kann. Die klare Abfolge von Traum-Plan-Ziel-Weg ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Die Schilderungen und Fotos von seinen zahlreichen Expeditionen, inklusive hungriger Eisbären in der Arktis, faszinierte das Publikum in Schweinfurt. Glaubt hartnäckig an eure Träume und Ziele, diese Erkenntnis gab Ulrich den Seminarteilnehmern mit auf den Weg.
Mit aktuellen Fachvorträgen zu praxisrelevanten Themen in Verbindung mit kompetenten Referenten sind die SCHWENK Betonseminare immer einen Besuch wert. Bis Januar 2021 – wir freuen uns auf Sie!
Bild 2: Gruppenbild der Referenten Betonseminar Heidenheim