Heidenheim1

Die SCHWENK Betonseminare 2019

22. Februar 2019

Erkenntnisse, Konzepte und Herausforderungen für die Zukunftsfähigkeit der Betonbauweise

Zu Jahresanfang finden regelmäßig die Betonseminare der SCHWENK Zement KG statt. Auch in diesem Jahr nahmen rund 900 Teilnehmer an den drei Veranstaltungen in Heidenheim, Leipzig und Schweinfurt teil.

Zu diesem von der Bauberatung organisierten Branchentreff kommen Betonhersteller, Bauunternehmer, Behördenvertreter, Architektur- und Ingenieurbüros sowie Vertreter der Hochschulen zusammen, um sich über die aktuellen Themen rund um die Baustoffe Zement und Beton zu informieren. Entwicklungen in der Normung, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, sowie interessante Themen aus der täglichen Beratungstätigkeit in den Regionen wurden von den Referenten dargestellt. Der persönliche, technische Austausch zwischen den Teilnehmern zu Beginn des Baujahres ist ein wesentlicher Grund für den Erfolg der Veranstaltung.

In gewohnter Weise führte der Leiter der SCHWENK Bauberatung, Dipl.-Ing. Werner Rothenbacher, durch das Seminarprogramm und moderierte die Fragen des Auditoriums.

Die Anwesenden wurden in diesem Jahr durch Dipl.-Wirtsch.-Ing. Bastian Elterlein, Leiter Vertrieb und Logistik der SCHWENK Zement KG, begrüßt. Der Auftakt erfolgte mit der Einspielung des neuen Imagefilms, der in der angesagten Form des „Poetry-Slams“ produziert wurde. Elterlein gab anschließend einen Überblick über die baustoffrelevanten Daten und zu erwartenden Entwicklungen. Speziell die deutlich steigenden Kosten von CO2-Zertifikaten und das Niedrigwasser im Extremsommer 2018 belasten die Branche. Weitere Themen waren die Investitionen in Höhe von 450 Mio. € der deutschen Zementunternehmen für eine weitere Reduktion von CO2 und Stickoxiden sowie der digitale Umsetzungsprozess bei SCHWENK, am Beispiel der neuen Logistik-App. Elterlein geht auch für 2019 von einer anhaltenden Bautätigkeit auf stabilem Niveau aus. Steigende Zahlen von Bauingenieur-Studenten und Mehreinnahmen der öffentlichen Hand u.a. durch die Maut lassen insgesamt positiv in die Zukunft blicken.

Im ersten Fachbeitrag von Dr.-Ing. Christoph Müller, VDZ gGmbH, unter dem Titel „Konzept Betonbauqualität (BBQ): Differenzierung als Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit der Betonbauweise“ wurde der aktuelle Bearbeitungsstand des zukünftigen Regelwerks dargestellt. Durch die Einstufung der jeweiligen Bauaufgabe unter Berücksichtigung der Bereiche Planung, Betonherstellung und Ausführung, ergeben sich zahlreiche Schnittstellen zwischen den Baubeteiligten. Diese Schnittstellen sollen zukünftig durch BBQ eindeutig identifiziert und verantwortlich zugewiesen werden. Die Basis des Konzepts sind die ganzheitliche Betrachtung und die Stärkung der Kommunikation, welche ein in sich geschlossenes System entlang der Wertschöpfungskette bilden. Parallel bestehende Regelwerke sollen in die Richtlinie integriert werden. In Abhängigkeit der Anforderungen und der steigenden Komplexität werden Betonbauwerke, – bauteile oder Bauverfahren in die drei Gruppen eingeteilt: BBQ-N, BBQ-E und BBQ-S. Durch die Einstufung ergeben sich für die Bereiche Planung, Betonherstellung und Ausführung entsprechende Maßnahmen. Zur Erhöhung der Robustheit des Frischbetons wird es zukünftig praxisgerechte Anforderungen an den Mindestleimgehalt geben. Das Konzept wird derzeit beim Deutschen Ausschuss für Stahlbeton erarbeitet. Die fünf Teile der DAfStb-Richtlinie sind voraussichtlich für Ende 2019/Anfang 2020 zu erwarten, so die optimistische Einschätzung des Referenten.

Im zweiten Teil des Vortrags ging Müller auf die Herausforderungen zur Reduzierung der CO2-Intensität ein. Der CO2-Preis hat sich nach den klimapolitischen Entscheidungen im Jahr 2017 zwischenzeitlich in etwa vervierfacht. Es stellt sich die Frage: Wo steht die deutsche Zementindustrie in diesem Prozess? Er zeigte anhand von Versuchsergebnissen, dass die Dauerhaftigkeit in Teilbereichen über die Druckfestigkeit einstellbar ist. Aufgrund der Rohstoffsituation ist ggf. eine stärker anwendungsbezogene Differenzierung (Innenbauteil XC1 – Außenbauteil XF1/XC4) notwendig. Diese Betonsorten machen etwa 64 % der gesamten Transportbetonproduktion im Land aus. Durch die gezielte Wahl der Hauptbestandteile Klinker, Hüttensand und Kalksteinmehl könnten CEM II/C-Zemente mit max. 50 % Klinker mittelfristig einen Beitrag zur weiteren Reduzierung des Klinkers/Zement-Faktors leisten.

Im zweiten Fachvortrag „Fasern im Beton“ zeigten in Heidenheim und Schweinfurt Dipl.-Ing. Kai Fischer und in Leipzig Dipl.-Ing. Roland Mellwitz die vielfältigen Faserarten und Anwendungsmöglichkeiten von Faserbeton. Nach einem Überblick über die gängigsten Faserarten im Bauwesen wurde das wichtigste Anwendungsgebiet, der Stahlfaserbeton für statisch tragende Bauteile, näher beleuchtet. Stahlfaserbeton kommt in Deutschland ungefähr seit Mitte der 1970er-Jahre zum Einsatz und kann für hochbelastete und eng bewehrte Bauteile in Form einer Kombibewehrung für einen guten Betoneinbau bzw. wirtschaftlich vorteilhaft sein. Neben den Stahlfasern haben sich Kunststofffasern im Bauwesen etabliert. Sie sorgen in Estrichen und Betonböden für eine Reduzierung der Frühschwindrisse oder verbessern den Brandwiderstand im Tunnelbau. Carbonfasern sind sehr leistungsfähig, werden wegen der hohen Materialkosten bisher aber nicht flächendeckend eingesetzt. In der jüngsten Vergangenheit wurden einige Betonkreisverkehre mit AR-Glasfasern (Zugabe 10 bis 15 kg/m³) ausgeführt. Die Referenten zeigten hierzu eigene Versuchsergebnisse zur verbesserten Biegezugfestigkeit bei vergleichbarer Dauerhaftigkeit.

Die Einstufung in Leistungsklassen ist nach der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ durch eine Erstprüfung zu erbringen. Die jeweiligen Faserhersteller verfügen über einen großen Erfahrungsschatz und können Interessenten Empfehlungen zu Stahlfaserart und -gehalt geben. Insbesondere haben Form und Oberfläche der Stahlfaser Einfluss auf die Konsistenz, den Fließmittelanspruch bzw. die Pumpeigenschaften und Verdichtungswilligkeit des Betons auf der Baustelle. Trotz gleicher Zusammensetzung des Stahlfaserbetons können Biegebalken bei der Prüfung im Vierpunkt-Biegeversuch relativ große Streuungen aufweisen. Nach Richtlinie sind mindestens 6 Biegebalken zur Einstufung vorgeschrieben. Die Referenten empfehlen eine höhere Anzahl an Probekörpern, da sich, bei der rechnerischen Auswertung des charakteristischen Wertes der Nachrissbiegezugfestigkeit, eine höhere Anzahl statistisch positiv auf die erzielbare Leistungsklasse auswirkt. Abschließend wurden Rezepturen und ausgeführte Projekte dargestellt und durch aktuelle Forschungsprojekte zum Thema Faser- bzw. Textilbeton abgerundet.

Im nachfolgenden Vortrag stellten Dipl.-Ing. Heiko Zimmermann in Heidenheim und Dipl.-Ing. Wolfgang Hemrich in Leipzig und Schweinfurt das in der Praxis immer wieder anzutreffende Thema „Verfärbungen und Ausblühungen an Betonflächen – ein unvermeidbares Übel?“ dar. Ausblühungen sind hierbei meist weiße oder fleckige, manchmal auch krustenartige Beläge auf der Betonoberfläche. Sie bestehen aus dem bei der Zementhydratation entstehenden Calciumhydroxid, welches mit dem Kohlendioxid aus der Luft schließlich zu Calciumcarbonat reagiert. Verfärbungen hingegen sind farbige Veränderungen (schwarz, blau, oder braun/gelb), die sich in der oberflächennahen Schicht befinden. Ausblühungen und Verfärbungen haben keinen Einfluss auf die Festigkeit oder Dauerhaftigkeit des Betons oder Mörtels. Die Vortragenden gingen ausführlich auf die chemischen und physikalischen Einflüsse für die Entstehung ein. Insbesondere bei Betonwaren zeigt sich, dass die Lagerungsbedingungen direkt nach der Herstellung sehr maßgeblich sind. Generell sollte ein niedriger w/z-Wert, bei ausreichendem Bindemittelgehalt, für eine dichte und porenarme Struktur umgesetzt werden. Hüttensandhaltige Zemente haben sich in der Praxis hinsichtlich der Verminderung von Kalkausblühungen gut bewährt. Darüber hinaus sind bei Betonwaren vereinzelt Sulfatausblühungen anzutreffen. Grund dafür ist, dass gelöstes Natrium- oder Kaliumhydroxid mit Bestandteilen aus dem Zement oder Gesteinskörnung zu Sulfaten reagiert. Diese Ausblühungen zeigen sich als weiße, pelzartige Beläge auf den Oberflächen. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Kalkschleiern sind Sulfatausblühungen meist wasserlöslich.

Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags waren die Blauverfärbungen bei hüttensandhaltigen Zementen. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass Polysulfidionen das sichtbare Licht absorbieren und so eine intensive Blaufärbung verursachen. Es ist derselbe physikalische Effekt, der Ultramarin als Farbpigment auszeichnet. Eine Blauverfärbung geht normalerweise durch Oxidation von alleine weg. Bei sehr dichten Betonen kann diese Reaktion unter Umständen auch eine längere Zeit in Anspruch nehmen.

Als ein echtes Winterphänomen zwischen November und März sind fleckige Dunkelverfärbungen zu bezeichnen. Niedrige Temperaturen und gleichzeitig hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen die Entstehung. Die Farbtongleichmäßigkeit wird erfahrungsgemäß auch durch die Betonage hoher Wände und die Verwendung von nicht saugenden Kunststoffschalhäuten negativ beeinflusst. Die Reaktionen an der Oberfläche sind zwischenzeitlich wissenschaftlich gut untersucht und erklärbar. Als vorbeugende Maßnahme ist der Schutz der Bauteile vor Kälte und hoher Luftfeuchtigkeit, während der Erhärtung und Austrocknung anzusehen. Zudem werden eine erhöhte Frischbetontemperatur von Zementen mit schneller Festigkeitsentwicklung oder die Zugabe von Erhärtungsbeschleunigern empfohlen.

In Heidenheim und Schweinfurt referierte Prof. Dr.-Ing. Horst-Michael Ludwig zum Thema „Aktuelle und zukünftige Entwicklungen im Bereich der Betonzusatzstoff und Betonzusatzmittel“. Er zeigte in seinem Vortrag, dass sich durch die Veränderung der modernen Betone vom Dreistoffsystem zum nun üblichen Fünf- oder Mehrstoffsystem wesentliche Eigenschaften ändern.

Bei den Zusatzstoffen muss sich die Betonindustrie in den nächsten Jahren zwangsweise auf Veränderungen einstellen. Durch den aktuell beschlossenen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 ist mit insgesamt zurückgehenden Flugaschemengen und Einschränkungen hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit zu rechnen. Auch die Zukunft des Hüttensandes ist unsicher, da sich die Produktionsverfahren der Stahlherstellung in Richtung Elektroofen verändern. Bei diesem Verfahren wird überwiegend Stahlschrott eingesetzt und es entsteht kein Hüttensand als Nebenprodukt.

Der Lehrstuhlinhaber des F.A. Fingerinstitut für Baustoffkunde in Weimar sieht realistische Chancen, dass calcinierte Tone die entstehende Lücke schließen können. Nach seinen Untersuchungen könnten dafür auch Tone verwendet werden, die in anderen industriellen Prozessen nicht benötigt werden. Positive Aspekte sind die Senkung der Hydratationswärme und eine Erhöhung der Dichtigkeit. Durch einen höheren Wasseranspruch sind Fragen der Konsistenz über geeignete Zusatzmittel zu lösen.

Bei den Zusatzmitteln sorgte die Entwicklung von Fließmitteln auf PCE-Basis für eine technische Revolution. Die neueste Generation nutzt die Aryl-Ether-Struktur. Durch den Einsatz derartiger Produkte sinkt die Viskosität deutlich, jedoch mit dem Nachteil, dass auch die Druckfestigkeit zurückgeht. Weitere interessante Entwicklungen sind heterogene Keimbildner zur Steigerung der Frühfestigkeit sowie Schwindreduzierer, die demnächst in die Norm aufgenommen werden sollen.

Der Sachverständige und Industriekletterer Dr.-Ing. Frank Roos zeigte in seinem Vortrag in Leipzig, wie mittels Seilzugangstechnik die nach Norm, regelmäßig vorgesehene Bauwerksprüfung, effektiv durchgeführt werden kann.

Die zulässigen Prüfungsabstände richten sich nach den möglichen Schadensfolgen und der Robustheit der Gebäude. Statisch unbestimmte Systeme werden danach einer höheren Robustheitsklasse zugeordnet.

Anhand interessanter Schadensbilder wurde deutlich, dass in den 60er- und 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts errichtete Betonbauwerke oft eine zu geringe Betondeckung aufweisen. Bei Einhaltung der aktuellen Normvorgaben sollten diese Schäden, nach Meinung des Gutachters, der Vergangenheit angehören.

Roos zeigte sich selbst nach vielen Jahren Tätigkeit als Sachverständiger überrascht und erstaunt, was Beton – trotz Ausführungsmängel – immer noch zu leisten vermag.

Beim anschließenden Mittagessen hatten die Teilnehmer genügend Zeit sich zu stärken und die Vormittagsvorträge untereinander oder mit den Referenten zu diskutieren.

Am Nachmittag des Betonseminars gehörte die Bühne wie gewohnt den Rednern, die ein allgemeines Thema, außerhalb der Baustoffe Zement und Beton darstellten, und so für anregenden Gesprächsstoff sorgten.

Für die erste Veranstaltung der Reihe in Heidenheim konnte der Statistikexperte Prof. Dr. Walter Krämer von der TU Dortmund gewonnen werden. Er zeigte in seinem Vortrag in unterhaltsamer Weise, warum „Deutschland – Eine Republik der Panikmacher“ ist und wir uns eigentlich vor den falschen Dingen fürchten. So entsteht oft erheblicher wirtschaftlicher Schaden, weil der Mensch mit Risiken zumeist irrational umgeht und zur Risikoverzerrung neigt. Krämer ist überzeugt, dass der Durchschnittsbürger ohne die Medien gesünder wäre. Grundsätzlich sollte jeder bei der Auswertung von Statistiken immer den zugehörigen Datenhintergrund hinterfragen, um keinen Trugschlüssen zu unterliegen.

In Leipzig unterhielt der ehemalige Schiedsrichter, jetzige Fußballexperte und Unternehmer Urs Meier aus der Schweiz zum Thema „Zwischen den Fronten – Entscheidungen unter Druck“ mit seinen Anekdoten und Fachwissen. In 27 Jahren hat er über 880 Spiele geleitet und sich die Hochachtung von Spielern und Fans erarbeitet.

Bild 2: Urs Meier Fußballexperte, ehemaliger Schiedsrichter

Er zeigte mit vielen Beispielen aus seinem Schiedsrichterleben, wie er Entscheidungen in Bruchteilen von Sekunden getroffen hat. Dabei setzt er auf seine Erfahrung und das Bauchgefühl. Seine Empfehlung an die Zuhörer: Der respektvolle Umgang untereinander ist Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmen.

Marc Gassert konnte mit dem Beitrag „Nicht das Anfangen wird belohnt, sondern das Durchhalten“ in Schweinfurt überzeugen. Der Kommunikationsforscher hat lange in fernöstlichen Kulturen gelebt und dort verschiedene Kampfkünste von Großmeistern erlernt. In seinem lebendigen Vortrag zeigte er auf eindrucksvolle Weise, wie man Ziele definiert, den Weg dorthin durchhält und den inneren Schweinehund immer wieder besiegt. Mit spannenden Übungen mit „Freiwilligen“ auf der Bühne wurde demonstriert, was durch Konzentration alles möglich ist.

Bild 3: Gruppenbild Betonseminar in Leipzig v.l.n.r.: Dr. Frank Roos, Dr.-Ing. Christoph Müller, Urs Meier, Wolfgang Hemrich, Bastian Elterlein, Werner Rothenbacher

Das Fazit des Veranstalters: Die alljährlichen SCHWENK Betonseminare sind ein fest eingeplanter Termin im Kalender vieler Verantwortlicher, Experten und Kunden zum Start ins neue Jahr. Mit kompetenten Referenten konnten Entwicklungen und Antworten auf die kommenden Herausforderungen für die Betonbauweise gegeben werden. Auf den Betonseminaren im Januar 2020 zeigt SCHWENK dann erneut, wie WIR Baustoff leben!

Die SCHWENK Betonseminare 2019

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